Begrüssungswort von Herrn Dr. Forst-Battaglia
Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Oleksandr, liebe Freunde!
Als ehemaligem Direktor des Österreichischen Kulturforums Kiew ist es mir eine besondere Freude, heute zumindest symbolisch der offiziellen Eröffnung der Bernhard Stillfried-Bibliothek in dieser schönen Stadt beiwohnen zu können. Wer das Privileg hatte, Bernhard Stillfried zu kennen und wer Oleksandr Bilous kennt wird sofort verstehen, daß diese beiden Männer ungeachtet des beträchtlichen Altersunterschieds dazu auserkoren waren, einander zu verstehen und aufeinander zuzugehen. Tatkraft, Mut und Entschlossenheit waren oder sind beiden gemeinsame Eigenschaften. Brücken zu bauen, der Völkerverständigung zu dienen, den jeweiligen Traditionen verbunden, jedoch modern und weltoffen, in diesem Geiste hat der verewigte, für viele legendäre Sektionschef Stillfried seine Mission verstanden, nach dem Fall des Kommunismus die historischen Bande zwischen Österreich und seinen näheren wie weiteren Nachbarn in Zentral-und Osteuropa wiederaufleben zu lassen , Bande die auf alte Schicksalsgemeinschaften zurückgehen, durch die Unbillen der modernen Geschichte aber nur künstlich zerrissen waren. Zwar hat dieser mittlere Teil der Ukraine nie zur Habsburgermonarchie gehört, die Freundschaft zwischen dem österreichischen und dem ukrainischen Volk reicht aber weit über frühere und heutige Staatsgrenzen hinweg.
Oleksandr Bilous hat ganz im Stillfriedschen Geiste über Jahre hindurch unermüdlich für die Kenntnis der deutschen Sprache und des Wissens über Österreich unter der jungen Generation von Ukrainern gewirkt, darin bestens unterstützt von einem engagierten Team äußerst kompetenter jüngerer Mitarbeiter. Jedes Jahr hat der Dekan der Sprachwissenschaften eine internationale Tagung von Linguisten veranstaltet, die auch fächerübergreifend eine willkommene Gelegenheit zum Meinungsaustausch über eine Fülle interessanter Themen war: eine beeindruckende organisatorische Leistung, die ich mehrmals gerne aus nächster Nähe beobachten durfte. Die großzügige ukrainische Gastfreundschaft sorgte stets auch für fröhliche Stimmung.
'Habent sua fata libelli', Büchern ist ihr besonderes Schicksal eigen. Wie sehr würde sich Bernhard Stillfried freuen wenn er wüßte daß seine bedeutende Bibliothek nun jungen Ukrainern gerade hier an diesem Ort zugute kommt und sicher auch den Kollegen aus anderen Städten der mittleren und südlichen Ukraine zum Anziehungspunkt für österreichisches Bildungsgut wird. Das Vermächtnis unseres bedeutenden Kulturbotschafters wird damit erfüllt. Seinem Sohn und meinem Kollegen Georg, nun Botschafter in Kairo, einer anderen wichtigen Lebensstation Bernhards, gratuliere ich zu seinem verehrten Vater und zu seiner Entscheidung, die Bücherei in die Ukraine zu bringen. Erinnern wir uns daran, daß auch auf Sektionschef Stillfrieds Betreiben hin schon vor langer Zeit Österreich-Bibliotheken in Kiew, Lemberg und Czernowitz errichtet wurden, später dann in Charkiw und in Drohobycz, daß in Lemberg ein wichtiges Verbindungsbüro der Österreich-Kooperation entstanden ist und daß drei österreichische Lektoren in der Ukraine tätig sind. Den hoch motivierten ukrainischen Germanisten an vielen Universitäten des Landes danke ich an dieser Stelle für ihren vorbildlichen Einsatz, den ich immer besonders geschätzt habe.
Ohne Deine Hilfe, lieber Oleksandr und die Deiner Kollegen wären die Bemühungen Österreichs nicht auf so fruchtbaren Boden gefallen. Das hohe Niveau der ukrainischen Studenten und jungen Wissenschafter hat mich regelmäßig beeindruckt und ist der beste Beweis für die Qualität Eurer Didaktik.
Für Deine wiederholt erwiesene Freundschaft und Liebenswürdigkeit danke ich Dir, lieber Oleksandr. Es war mir ein Vergnügen, mit Dir zusammenzuarbeiten. Ich wünsche Dir und allen Lehrenden und Lernenden der Universität Kropywnyzkyj viel Genuß, ja geistigen Gewinn mit all den österreichischen Büchern, Dir, lieber Georg, eine erfolgreiche Tätigkeit in Ägypten und Dir, liebe Hermine, alles erdenklich Gute für weitere glückliche Jahre in der Ukraine.
Mit herzlichen Grüßen aus Wien
Jakub FORST-BATTAGLIA